Branchenfremde Fötzel

Traditionsfirma, stellt seit 1889 das gleiche Produkt her, auf die gleiche Weise wie dazumal: Das kann wohl kein Unternehmen von sich behaupten, das gewinnbringend wirtschaften muss. Auch kein Bierbrauer oder Güetziproduzent. Zu gross ist der Druck durch globalisierte Märkte, tiefe Löhne, Digitalisierung und damit Beschleunigung.  Noch halten sich einige „Dinosaurier“, die seit vielen Jahren ihr Gärtchen verteidigen. Spannend finde ich es zu beobachten, dass jetzt diesen fast unüberwindbar mächtigen Playern nicht die direkten Konkurrenten zu schaffen machen, also nicht solche, die schon lange ähnliche Produkte entwickeln und nun schneller waren. Sondern Quereinsteiger, branchenfremde Fötzel.

Etwa Tesla, ein auch technologisch kompletter Branchenneuling, oder IT-Köpfe, die mit ihrer Online- oder Digitalisierungs-Idee eine ganze Branche auf den Kopf stellen können. Zugegeben, die Auswirkungen sind nicht immer schön zu erleben, viele Menschen verlieren vorübergehend ihren Arbeitsplatz, müssen sich umschulen oder anderswo neu beginnen. Ich sehe aber in solchen disruptiven Innovationen eine grosse Chance für nachhaltiges Wirtschaften. Der Vorgang scheint radikal effizientere oder anders genutzte Lösungen wie „smart metering“ hervorzubringen, anstatt eine alte Technologie oder Kultur immer nur ein bisschen weniger schlimm zu machen. Ich freue mich, wenn jemand mit einer guten neuen Idee in ein Geschäftsfeld hineindrängt und die Alteingesessenen dazu zwingt, sich zu bewegen.

Manchmal braucht es für Umbrüche auch veränderte Rahmenbedingungen. Professor Wettengl, ein eifriger Blogger zu disruptiven Innovationen, zeigt auf, dass zum Beispiel eine Emissions-Gebühr (City-Maut) im Zentrum von Grossstädten wie London das quasi emissionsfreie Elektroauto geradezu pusht – die geringe Reichweite der Batterie ist in diesem Raum keine Einschränkung. Ich bin gespannt zu sehen, was Mobility Pricing in der Schweiz auslösen wird: Vielleicht erleben die Lastenvelos wie der Long John aus den Zwanzigerjahren einen richtigen Boom? Einige Partnerunternehmen der Klimaplattform schicken ihre Servicetechniker/innen bereits per E-Bike zur Kundschaft. Den Mitarbeitenden gefällt’s, sie verschwenden ihre Energie nämlich nicht mehr mit Parkplätze suchen. Zudem macht es Spass und schont die Umwelt.

Jürgen Schulz

 

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